JENNY TIESLER

Umweltfreundlich & Fair?

Crowdfarming

Das Konzept ist einfach: Menschen werden Pate eines Orangenbäumchens und bekommen im Gegenzug die erntefrischen Südfrüchte bequem nach Hause geschickt. Crowdfarming ist ein faires und nachhaltiges Konzept für Erzeuger und Verbraucher mit Zukunft.

Zwei Handpaar umfassen eine Schale Tomaten
Foto: Elaine Casap | Unsplash.com

Orangen, Avocados und Mandeln kann man das ganze Jahr über im Supermarkt kaufen – Jahreszeiten und Erntezeiten unabhängig. Für gerade einmal zwei Euro bekommt man im Supermarkt ein Plastiknetz voller saftiger Orangen aus Spanien. Ein Preisdumping, das unseren Geldbeutel freut. Für die spanischen Erzeuger ist es eine existentielle Bedrohung. Nicht nur für die Landwirte ist der konventionelle Anbau, bei dem große Discounter die Preise diktieren, eine Katastrophe.

Preisdumping auf Kosten der Erzeuger und Umwelt

Schon heute drohen einige Regionen Spaniens durch den Klimawandel zu verwüsten. Klima-Experten schätzen, dass bis zum Jahr 2050 fast die ganze Iberische Halbinsel zur Wüste geworden ist. Die traurige Wahrheit: In den sich endlos aneinanderreihenden Gewächshäusern in Almería wachsen vor allem für den deutsche Markt das ganze Jahr über Tomaten, Paprika und Salate. Über 80% des Wasserverbrauchs werden in Spanien von der Landwirtschaft verbraucht. Und das in einem Land, in dem die lebenswichtige Ressource Wasser knapp wird. Die Politik setzt nur wenig Anreize, die Ausbeutung zu stoppen: Die Region wurde durch die Landwirtschaft zu einer der reichsten Spaniens. Der Gemüse-und Obstanbau ist ein sicherer Arbeitgeber: jeder Zweite arbeitet in der Landwirtschaft.

Crowdfarming: umweltfreundliche und faire Alternative

Es muss möglich sein, für seine ökologisch angebauten Orangen einen fairen Preis zu bekommen, dachten sich die beiden aus der Nähe von Valencia stammenden Brüder Gonzalo und Gabriel Úrculo. Sie beschlossen, den direkten Kontakt zum Verbraucher zu suchen und gründeten Ende 2015 ihr Projekt: „Crowdfarming“. Der Bauernmarkt 2.0, denn er bringt Erzeuger und Konsumenten zusammen. Über die Plattform Crowdfarming können Interessierte Pate eines Orangenbäumchens oder eines Bienenvolks werden. Im Gegenzug wird ihnen die süße Ernte in Kisten direkt nach Hause geschickt. Das können je Baum gut 80 Kilogramm Orangen sein. Möchte man kein Pate werden, kann man auch einfach kistenweise bestellen.

Frisch geerntete Mandarinen
Foto: Alexandr Podvalny | Pexels.com

Vorteile von Crowdfarming

Die kurze Lieferkette ohne Umwege über Zwischenhändler verhindert zum einen ein Preisdumping durch Großhändler. Zum anderen schützt die Vorbestellung vor Überproduktion. Es wird nur so viel geerntet, wie auch bestellt wurde. Sind Crowdfarming-Produkte wie Orangen und Avocados deshalb aber auch nachhaltiger als konventionell angebaute Früchte, die man im Supermarkt kaufen kann? Farmer verkaufen ihre Ernte im Voraus. Das sichert sie finanziell ab. Sie können besser planen und in ihre nachhaltigen Strukturen investieren.

Mehr Transparenz durch Crowdfarming

Wirklich billiger sind die Produkte, die man über die Plattform Crowdfarming kaufen kann für den Verbraucher zwar nicht. Aber dafür bekommt er etwas, das ihm der Gang in den Supermarkt nicht gewährt: einen Blick aufs Feld und den direkten Kontakt zu seinem Bauern. Diese Transparenz wiegt für viele Verbraucher mehr. Sie wissen genau, wo das, was sie später essen werden, herkommt.

Direkter Kontakt und mehr Wertschätzung

Crowdfarmer, so werden die Verbraucher genannt, haben einen direkten Bezug zu ihrem Tier oder Baum. Er ist nicht mehr nur Verbraucher oder Konsument. Der Erzeuger (Farmer) ermöglicht ihnen einen Einblick in seine Arbeit über seine Website oder sogar über eine Webcam. Diese Transparenz und der direkte Bezug zum Produkt erhöhen die Wertschätzung. Der Crowdfamer sieht, wie viel Arbeit in dem steckt, was später auf seinem Teller landet. Ein effektives Mittel gegen Lebensmittelverschwendung.

Viele regionale Anbieter aus Deutschland

Längst sind auch deutsche Obst-, Gemüse- und Milchbauern, Imker und Winzer unter den Farmern: Ob Riesling-Rebstöcke aus der Pfalz, Ziegenkäse aus der Vulkaneifel oder kistenweise Bio-Shiitake-Pilze aus Anhalt, das Angebot ist riesig. Und die Nachfrage nach fairen Früchten ist groß: Eine halbe Million Kisten wurden 2020 über crowdfarming.com verkauft.

Vorteile von Crowdfarming

Nachteile von Crowdfarming